Im Interview mit ACTICORE beantwortet Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann Fragen rund um den Beckenboden. In der zwölften Folge geht es um Übergewicht bei Inkontinenz.
- Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann unterrichtet am Lehrstuhl für Geriatrie der Universität Witten/Herdecke, ist Chefarzt der Urologischen Klinik am Evangelischen Krankenhaus Witten und 1. Vorsitzender der Deutschen Kontinenz Gesellschaft.
- In der Interviewserie "Frag Wiedemann" beantwortet er alle Fragen zum Thema Blasenschwäche und Inkontinenz.
- In Folge 12 geht es um das Verhältnis zwischen Übergewicht und Inkontinenz.
Schwerstarbeit für den Beckenboden: Inkontinenz bei Übergewicht ist keine Seltenheit
Herr Prof. Wiedemann, ich habe gehört, dass Übergewicht mit einem höheren Risiko für Inkontinenz einhergeht, stimmt das?
Das ist absolut richtig. Im Laufe der Evolution haben wir uns ja irgendwann vom Vierfüßler zum Zweibeiner aufgerichtet. Das Gewicht des gesamten Körpers mit den Organen hing jetzt nicht mehr zwischen Vorder- und Hinterbeinen, sondern lastete auf den zwei Beinen – sogar die Arme selbst und mit den Dingen, die noch getragen werden, müssen vom Becken getragen werden. So hat sich irgendwann der „Beckenboden“, der Boden des Beckens als Basis für alle Organe und was darüber ist, gebildet.
Also wenn ich Übergewicht habe, lastet das auch noch auf dem Beckenboden?
Genau und noch schlimmer – beim Husten, Pressen oder Heben von Lasten potenziert sich diese Last und der Beckenboden muss Schwerarbeit leisten, denn schließlich verhindert er auch, dass wir durch den von oben kommenden Druck Urin oder Stuhl verlieren.
Das bedeutet also: bei Harn- oder Stuhlinkontinenz runter mit dem Gewicht?
Richtig – das ist aber nicht das Einzige. Blasen-, Prostata- oder Unterleibserkrankungen können hier auch eine Rolle spielen. Am besten ist es, einerseits ein Übergewicht zu reduzieren, zu lernen, Spitzenbelastungen vom Beckenboden fernzuhalten und diesen zu trainieren.
Wege aus der Inkontinenz bei Übergewicht: Den Beckenboden als Muskel begreifen
Wie geht das?
Man kann lernen, nicht „in den Bauch“ zu husten, sondern zur Seite, um die entstehenden Kräfte umzulenken. Es gibt Techniken, beim Aufstehen schrittweise das Gewicht auf die Beine und nicht auf einmal zu bringen. Und natürlich hilft es, den Beckenboden als Muskel zu begreifen und zu trainieren. Denn – dass weiß jeder Sportler – einen Muskel kann man aufbauen und aktiv durch Training halten, oder er baut sich ab und erschlafft. Dann werden Inkontinenzerscheinungen auch stärker.
Vielen Dank, Herr Prof. Wiedemann!
Nicht dafür.