Frag Wiedemann! Die Online-Sprechstunde – Folge 14: Radikale Prostatektomie

Im Interview mit ACTICORE beantwortet Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann Fragen rund um den Beckenboden. In der vierzehnten Folge geht es um die Radikale Prostatektomie.

  • Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann unterrichtet am Lehrstuhl für Geriatrie der Universität Witten/Herdecke, ist 1. Vorsitzender der Deutschen Kontinenz Gesellschaft und Chefarzt der Urologischen Klinik am evangelischen Krankenhaus Witten.
  • In der Interviewserie "Frag Wiedemann" beantwortet er alle Fragen zum Thema Beckenboden, Blasenschwäche und Inkontinenz.
  • In Folge 14 geht es um die radikale Prostatektomie.

Was ist nach einer radikalen Prostatektomie zu tun?

 

Ich bin radikal prostatektomiert und komme aus der Reha. Was muss ich weiter tun?

Vielen Dank für Ihre Vermutung, dass der Heilungsprozess nach der Reha nicht beendet ist. Tatsächlich klagen viele Männer nach der großen Prostata-Operation, der „radikalen Prostatektomie“ auch noch nach mehreren Monaten über unfreiwilligen Urinverlust insbesondere bei körperlicher Aktivität, bei Sport oder beim Husten.

 

Ich meine, besonders nachmittags wieder zunehmend Urin zu verlieren. Ich brauche den ganzen Vormittag nur eine Vorlage, nachmittags alle 2 Stunden eine. Wird das so bleiben?

Das ist eine typische Beobachtung. Der Beckenboden ist ein Muskel, der nach der radikalen Prostatektomie die Kontinenz ganz alleine „stemmen“ muss. Der Blasenausgang mit Prostata – auch „innerer“ Schließmuskel genannt, wurden entfernt. Die Muskelkraft des Beckenbodens reicht dazu besonders morgens vielleicht gerade noch aus – nachmittags, mit nachlassender Muskelkraft wird wieder mehr Urin verloren.

 

Was kann ich tun?

Wichtig ist, die ersten 2 Jahre und im Grunde das ganze Leben nach der radikalen Prostatektomie zu üben. Wenn ich aufhöre, lässt die Muskelkraft nach. Ich empfehle Geräte, die ohne rektale Elektrode auskommen und bei denen es möglich ist, nicht stumpf Übungen mit Zählen abzuarbeiten, sondern spielerisch in einer App zu üben.

Medikamente und mehr: Möglichkeiten gegen Folgen der radikalen Prostatektomie

 

Gibt es denn keine medizinischen Möglichkeiten?

Die gibt es auch für diese Situation, sind aber Katastrophenfällen vorbehalten bzw. erst, wenn sich mit allen anderen Maßnahmen keine Effekte einstellen. Es gibt ein Medikament, das (leider nur schwach) die Kontinenz verbessert. Dieses wird von den Krankenkassen – obwohl die Wirkung für Männer nachgewiesen ist – aber nur bei Frauen erstattet. Operative Maßnahmen wie die Implantation eines „Bandes“ oder eines künstlichen Schließmuskels sind dann indiziert, wenn wirklich kaum ein Tropfen gehalten werden kann. Für alle anderen Fälle gilt: Üben, üben, üben!

  

Herr Prof. Wiedemann, vielen Dank!

Gerne.