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Frag Wiedemann! Die Online-Sprechstunde – Folge 16: Wenn "es" nicht mehr funktioniert

Im Interview mit ACTICORE beantwortet Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann Fragen rund um den Beckenboden. In der sechzehnten Folge geht es um die Erektile Dysfunktion.

  • Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann unterrichtet am Lehrstuhl für Geriatrie der Universität Witten/Herdecke, ist 1. Vorsitzender der Deutschen Kontinenz Gesellschaft und Chefarzt der Urologischen Klinik am evangelischen Krankenhaus Witten.
  • In der Interviewserie "Frag Wiedemann" beantwortet er alle Fragen zum Thema Beckenboden, Blasenschwäche und Inkontinenz.
  • In Folge 16 geht es um die Erektile Dysfunktion.

Was kann ich bei einer Erektilen Dysfunktion tun?

 

Prof. Wiedemann, typisch ist doch, dass junge Paare sehr viel häufiger Sex haben, als ältere. Woran liegt das?

Hier kommen 2 Phänomene zum tragen: Zum einen lässt mit zunehmendem Alter die sog. „Libido“, d. h. die Lust auf den Partner nach, zum anderen sorgen Altersveränderungen an den Sexualorganen dafür, dass der Sex sich verändert. Interessant ist, dass dabei die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs nach Studien nicht so sehr vom nominellen Alter des Paares, sondern vom Alter der Beziehung abhängig ist. Wer also mit 50 in eine neue Beziehung geht, hat (fast) die gleiche Häufigkeit des Verkehrs wie mit 20. 

 

Prof. Wiedemann, warum lässt die Libido nach?

Das hat seinen Grund natürlich in der Routine einer Beziehung, aber auch besonders beim Mann in einem veränderten Testosteron-Spiegel. Den zu messen ist dann die Aufgabe des Urologen – und der kann dann auch durch Testosteron-Gel oder -Injektionen einen vorhandenen Mangel ausgleichen. Das wirkt sich nicht nur auf die Libido und die Erektion positiv aus, auch Symptome eines Testosteronmangels wie Müdigkeit oder Leistungsverlust werden verbessert. Auch bei der Frau spielt die Hormonumstellung in den Wechseljahren eine Rolle – psychisch, bei der Lust auf Sex, aber auch lokal im Intimbereich. Die Schleimhäute werden spröder, sind bei Erregung nicht mehr so feucht und das Eindringen des Partners kann auch weh tun. Man spricht dann von „Dyspareunie“. Auch hier kann der Urologe oder Gynäkologe helfen. Östrogencremes verbessern das lokale Milieu, Frau fühlt sich wohler und manchmal profitiert auch der Mann…

 

Und wenn beim Mann die Gliedsteife nachlässt?

Das kann ebenfalls eine Alterserscheinung sein, sollte aber auch ein Alarmsignal darstellen.

Welche Therapien gibt es gegen Erektionsschwäche

 

Wie ist das zu verstehen?

Nun, der Penisschwellkörper ist ja nichts weiter als ein spezielles Blutgefäß. Bei einer Erektion muss die Durchblutung um ein Mehrfaches zunehmen – dann wird das Glied steif. Wenn nun z. B. durch Rauchen, durch Bewegungsmangel oder auch Veranlagung oder alles zusammen die Blutgefäße altern, merkt der Mann das häufig zuerst an der Erektion. Um es auf einen Punkt zu bringen: Die Erektionsschwäche geht häufig einem Herzinfarkt um 2 – 3 Jahre voraus. Also ist „erektile Dysfunktion“ als Alarmsignal zu verstehen, das auch dazu veranlassen sollte, den ganzen Mann zu untersuchen. Daher wurde das Bonmot geprägt: „Der Penis ist die Wünschelrute des Mannes“.

  

Und was ist mit einer Untersuchung „des ganzen Mannes gemeint“? Also EKG und Cholesterin-Bestimmung?

Genau. Wir Urologen bestimmen die Blutfette, die Harnsäure, Nieren- und Leberwerte, wir fragen nach Medikamenten, die eine Erektionsschwäche auslösen können und messen mit dem Ultraschall die Durchblutung des Penis. Im Rahmen der Erstuntersuchung wird der Patient dann auch zum Hausarzt oder Kardiologen geschickt, um das Herz untersuchen zu lassen.

  

Und wie wird eine Erektionsschwäche therapiert?

Neben Tabletten, die die Durchblutung fördern vom Typ Viagra, gibt es eine zweite Medikamentengruppe, die die Erektion verstärken. Sogenannte Prostaglandine können in den Schwellkörper injiziert, als Gel aufgetragen oder als kleines „Zäpfchen“ in die Harnröhre eingebracht werden. Für Patienten, die keine Chemie mögen, sind sog. Vakuum-Erektionshilfen eine mögliche Lösung, bei denen Blut in den Penis gesaugt wird und durch einen patentierten Gummiring an der Peniswurzel am Zurückfließen gehindert wird. Generell gilt aber – use it or lose it – also „Übung macht den Meister“ – wer seinen Penis jahrelang nicht nutzt, wird ihn auch nicht trainieren und dann möglicherweise im Alter Probleme haben.

  

Herr Prof. Wiedemann, wir danken fürs Gespräch.

Ebenso!

  

Dieser Beitrag wurde am 10.05.2023 von veröffentlicht.