Post Prostataektomie Inkontinenz (PPI) - Belastungsinkontinenz beim Mann



Für viele Männer schwingt mit der Prostata OP gleich eine weitere Sorge mit: die Sorge davor, im Anschluss an die Operation an einer Inkontinenz zu leiden. Neben dieser Sorgen gibt es viele Fragen: Kann es dazu überhaupt kommen? Und wenn ja: warum? Und wie kann ich vermeiden, dass es nach einer Operation an der Prostata zu einer Belastungsinkontinenz kommt? Doch keine Sorge: Auf all diese Fragen gibt es Antworten.

Wodurch entsteht eine Belastungsinkontinenz beim Mann nach einer Prostata-OP?

Die Hauptursache für eine Belastungsinkontinenz bei Männern ist eine Prostata-OP. Die radikale Prostataektomie (RPE) beim Prostatakarzinom (PCa) gilt als die häufigste Ursache für eine PPI. Das PCa ist die zweithäufigste Krebserkrankung beim Mann. Laut Schätzungen kommt es weltweit bis zum Jahr 2030 zu bis zu 1,7 Mio. Neuerkrankungen und 499.000 Todesfällen, alleine in Deutschland erkranken rund 60.000 Männer im Alter zwischen 50 und 70 Jahren jährlich an einem PCa.

Im Anschluss an eine Radikalentfernung der Prostata kommt es bei fast allen Männer erst einmal zu Problemen damit, den Urin zu halten. In der Fachsprache handelt es sich dann um eine Post-Prostatektomie-Inkontinenz (PPI). In den meisten Fällen tritt im Laufe der ersten Monate eine Besserung ein. In bis zu 15 Prozent der Fälle bleibt sie jedoch behandlungsbedürftig. Oft ist die Inkontinenz nach einer Prostata-Operation auf eine durch den Eingriff verursachte Irritation des Schließmuskels zurückzuführen. Diese Irritation führt zu einer Belastungsinkontinenz, bei der Urinverlust während körperlicher Aktivität, Husten oder Sport auftritt. Es ist selten, dass eine tatsächliche Verletzung des Schließmuskels während der Operation die Ursache ist. In den meisten Fällen sind es durch die Operation verursachte Nerven- und Muskelreizungen, die sich während des Heilungsprozesses erholen können. Manchmal kann der Schließmuskel aufgrund seiner veränderten Position nach der Operation nicht mehr richtig funktionieren. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass eine Dranginkontinenz auftritt, die durch eine Reizung der Blase während der Operation verursacht wird. Bei vielen Männern verschwindet die Inkontinenz in Ruhe kurz nach dem Eingriff, kann aber bei Bewegung und im Laufe des Tages aufgrund von Ermüdung noch einige Zeit bestehen bleiben.

Bei einer radikalen Prostatektomie wird häufig nur die autonome Leitung der Reize durch die Nerven zu den Organen und Geweben des Organismus der sogenannten glattmuskulären Sphinkteranteile nachhaltig verletzt, der quergestreifte Schließmuskel (Sphinkter) wird meist nicht beschädigt. Dessen Erhalt ist für ein ausreichendes Zusammenziehen des Muskels (so kann der Harnstrahl beispielsweise aktiv unterbrochen werden) und damit für die kurzfristige Kontinenz verantwortlich. Bei langfristiger körperlicher Belastung hingegen ermüdet der quergestreifte Sphinkter deutlich und die Insuffizienz der glattmuskulären Sphinkter-Anteile kann nicht ausgeglichen werden. In der Folge beklagen Betroffene eine Zunahme der Harninkontinenz im Tagesverlauf. 

Welche Faktoren begünstigen eine Belastungsinkontinenz in Anschluss an eine Prostata-OP?

Die Höhe der Wahrscheinlichkeit, nach einer Prostata-OP an Inkontinenz zu leiden, hängt von mehreren Faktoren ab. So sind etwa das Alter des Patienten, die operative Technik, einschlägige Vorerkrankungen und die Größe der tumorbefallenen Prostata von Bedeutung. Aber auch das eigene Körpergewicht spielt eine Rolle. Es ist allgemein bekannt, dass Übergewicht ein Risikofaktor für Prostatakrebs ist und sich auch negativ auf eine bestehende Erkrankung auswirken kann. Forscher aus Fuzhou, China, haben untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen starkem Übergewicht und Harninkontinenz nach einer Prostataoperation gibt. Nach einer solchen Operation treten häufig Kontinenzprobleme auf. Da die meisten Prostatakrebspatienten sich für eine Operation entscheiden, ist es wichtig, die Risikofaktoren für diese belastende Komplikation zu kennen.

Die Forscher haben mehrere Studien zusammengefasst, die sie in verschiedenen internationalen Datenbanken gefunden haben. Sie haben vier Studien ausgewählt, die ihren Kriterien entsprachen und Daten von insgesamt 2890 Teilnehmern enthielten. Bei der Analyse dieser Studien konzentrierten sie sich auf den Zusammenhang zwischen starkem Übergewicht (Body Mass Index (BMI) von mehr als 30) und dem Auftreten von Harninkontinenz nach einer Prostataoperation. Die Ergebnisse ihrer Analyse zeigten, dass starkes Übergewicht tatsächlich das Risiko einer Harninkontinenz nach einer Prostataoperation erhöht. Dies hing jedoch auch von der verwendeten Operationsmethode ab. Bei der laparoskopischen radikalen Prostatektomie (LRP) handelt es sich um ein minimalinvasives Verfahren, bei dem kleine Einschnitte im Bauchraum gemacht und durch diese operiert wird. Dieses Verfahren kann durch Roboter unterstützt werden, was dann als Roboter-assistierte laparoskopische radikale Prostataektomie (RALRP) bezeichnet wird. Bei Patienten, die stark übergewichtig waren und diese Operationsmethode gewählt hatten, war das Risiko, 12 Monate nach dem Eingriff unter Harninkontinenz zu leiden, 2,4-mal so hoch wie bei Patienten mit einem BMI von höchstens 30. Das Risiko, 24 Monate nach dem Eingriff unter Harninkontinenz zu leiden, wurde durch starkes Übergewicht verdoppelt.

Was tun, wenn die Belastungsinkontinenz nach einer Prostata-OP nicht zurückgeht?

Wenn die Inkontinenz auch nach den ersten drei Monaten nach der Operation weiterhin besteht, ist es wichtig, die Ursache zu ermitteln. Ist es eine Schwäche des Schließmuskels, postoperative Reizungen der Blase oder eine Folge von Begleiterkrankungen? Die Diagnose wird durch eine Messung des Blasendrucks und eine Untersuchung der Blase durchgeführt. Heutzutage ist diese Untersuchung dank dünner, flexibler Geräte und lokaler Betäubung völlig schmerzfrei. Mit speziellen Kameras kann dem Patienten die Funktion des Schließmuskels gezeigt werden, sodass er eventuelle Fehler beim Anspannen des Muskels erkennen und das korrekte Anspannen erlernen kann (Video-Endoskopie mit Biofeedback). Wie bei jeder Muskelschwäche ist auch nach einer radikalen Prostataentfernung eine konservative Therapie mit Muskelaufbautraining, wie Schließmuskeltraining oder Biofeedback-Training, von größter Bedeutung. Zusätzlich können spezielle Therapien wie Elektro-, Magnetfeld- oder Vibrationstherapien hilfreich sein, jedoch ist die Wirksamkeit dieser Methoden in der medizinischen Forschung umstritten. Wenn ein Jahr nach der Operation keine zufriedenstellende Verbesserung eingetreten ist, können operative Maßnahmen wie Injektionen in den Schließmuskel, die Implantation von Mikroballons, die Anlage von Harnröhrenschlingen/-bändern oder ein künstlicher Schließmuskel notwendig werden. 

Nach der Diagnose wird oft eine sogenannte Erstlinientherapie (engl.: First-Line-Therapy) empfohlen. Diese besteht aus konservativen Behandlungsmethoden, die dazu beitragen können, die Inkontinenz ohne zusätzliche Eingriffe zu bewältigen. Das Beckenbodentraining steht meist im Mittelpunkt dieser Behandlungen. Denn konservative Therapien umfassen hauptsächlich physiotherapeutische Maßnahmen zur Stärkung der Muskulatur, die den Kontinenzapparat unterstützt. Ein wirksames Beckenbodentraining sollte unter professioneller Anleitung, etwa durch den behandelnden Arzt, einen ausgebildeten Physiotherapeuten und/oder mithilfe einer spezialisierten medizinischen Trainingsapp wie etwa ACTICORE1 durchgeführt werden, um effektive Behandlungsergebnisse zu erzielen. Ein individuelles Trainingsprogramm mit einer Kontinenz-App wie ACTICORE1 hilft darüber hinaus, gezielte und individuell zugeschnittene Trainingsabläufe in den Alltag zu integrieren. Es wird geraten, insbesondere im ersten Jahr nach der Operation alle verfügbaren konservativen Behandlungsoptionen vollständig zu nutzen. In bis zu 90 Prozent aller Fälle von Harninkontinenz nach einer radikalen Prostataektomie kann die Symptomatik vollständig überwunden werden, indem der Beckenboden aktiv und regelmäßig trainiert wird. Eine gestärkte Beckenbodenmuskulatur hilft, sowohl Harnröhre als auch Darmausgang sicher zu verschließen.

Darüber hinaus helfen Anpassungen in alltäglichen Abläufen, eine Harninkontinenz in den Griff zu bekommen. Eine Gewichtsabnahme im Fall von bestehendem Übergewicht, eine Anpassung des Trinkverhaltens und gezielte Miktion, also die natürliche Harnentleerung aus der Blase, können die Symptomatik lindern. Allerdings sind diese Verhaltensanpassungen eher als zweckmäßig und als flankierende Maßnahmen zu betrachten, die physiotherapeutische Maßnahmen - wie eben das Beckenbodentraining - nicht ersetzen können, sondern lediglich dazu beitragen, die akute Symptomatik "erträglich" in den Alltag zu integrieren.

Risiken einer medikamentösen Therapie: "Wundermittel" Duloxetin?

In einigen Fällen kann auch eine medikamentöse Behandlung der Harninkontinenz im Anschluss an eine radikale Prostatektomie helfen, so wird etwa das Medikament Duloxetin zur Behandlung von Harninkontinenz eingesetzt. Es gibt jedoch keine Garantie, dass Duloxetin bei jedem Patienten wirksam ist. Duloxetin ist eigentlich ein Medikament, das zur Behandlung von Depressionen, Angstzuständen, Schmerzen bei diabetischer Neuropathie und generalisierten Angststörungen eingesetzt wird. Es gehört zur Gruppe der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) und wirkt, indem es die Konzentration von Serotonin und Noradrenalin im Gehirn erhöht. Duloxetin wird in der Regel einmal täglich eingenommen und kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Es ist wichtig, dass Patienten die verschriebene Dosierung einhalten und die Einnahme nicht abrupt abbrechen, da dies zu Entzugserscheinungen führen kann. Wie bei allen Medikamenten können auch bei Duloxetin Nebenwirkungen auftreten, darunter Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Schlafstörungen.

Es ist wichtig, dass Patienten gemeinsam mit ihrem Arzt über Risiken und Vorteile von Duloxetin sprechen und sich einer gründlichen Untersuchung unterziehen, um die Ursache ihrer Harninkontinenz zu ermitteln. Der Arzt kann dann entscheiden, ob Duloxetin eine geeignete Behandlungsoption ist (nur für Frauenzugelassen, für Männer als sog. Off-Label-Verschreibung möglich) oder ob andere Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden sollten.

Wann sollte bei einer Harninkontinenz im Anschluss an eine Prostata-OP erneut operiert werden?

Bevor es im Anschluss an eine radikale Prostatektomie zu einem erneuten Eingriff kommt, um der Harninkontinenz Herr zu werden, sollten zunächst alle konservativen Erstlinientherapiemethoden ausgeschöpft werden. Jede Operation stellt schließlich immer auch ein Risiko dar. Erst wenn nach mindestens drei Monaten der konservativen Therapie noch immer eine anhaltende, dauerhafte Inkontinenz zu beklagen ist, sollte dieser Schritt in Betracht gezogen werden. Nur infolge eines entsprechenden Leidensdrucks und auf ausdrücklichen Patientenwunsch hin sollte dann im Anschluss an eine differenzierte Betrachtung bezüglich der verschiedenen therapeutischen Optionen ein weiterer chirurgischer Eingriff in Betracht gezogen werden. 

Gezieltes Beckenbodentraining mit ACTICORE1

Für gezieltes und individuelles Beckenbodentraining gibt es mit ACTICORE1 eine App mit innovativen Sensor, welche sehr gut geeignet ist für Männer. ACTICORE1 hilft eine Inkontinenz präventiv zu vermeiden und eine Post-Prostatektomie-Inkontinenz kann nach einer Prostata-OP gezielt behandelt werden - und das ganz ohne Behandlungsmethoden wie etwa das Einführen einer Analsonde.